Wenn es um unsere Gesundheit geht, denken wir oft an eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung und genügend Schlaf. Während diese drei Faktoren natürlich eine grosse Rolle für unser Wohlbefinden spielen, gibt es ein wichtiges Detail, das oft viel zu wenig Beachtung geschenkt bekommt: eine gesunde Körperhaltung. Die Haltung, in der wir uns fortbewegen, begleitet uns unser ganzes Leben lang ununterbrochen: beim Stehen, Sitzen und gar Liegen.
Eine schlechte Körperhaltung ist sehr verbreitet und kann zu diversen gesundheitlichen Problemen wie zum Beispiel Rücken- und Nackenschmerzen, Verspannungen, Kopfschmerzen, Atem- oder Verdauungsproblemen führen. Eine gute Körperhaltung ist nicht nur wichtig für die Prävention von Schmerzen und Verletzungen, sondern kann auch Auswirkungen auf unsere Psyche haben. Sie kann nämlich dazu beitragen, dass wir uns selbstbewusster und positiver fühlen und von anderen auch so wahrgenommen werden.
Körperhaltung - die Basics
Im Allgemeinen bezeichnet die Körperhaltung die relative Ausrichtung der Körperteile zueinander. Sie beschreibt die Position, die durch das Zusammenwirken von Muskeln, Bändern und Knochen entsteht - in anderen Worten: die Haltung, die wir unserem Körper entgegen der Schwerkraft verleihen. Sie ist von vielen Faktoren abhängig, wie dem Zustand unseres Skelettsystems, unserer Muskelkraft, sowie der Gesundheit unserer Bänder und Faszien.
Eine gute Haltung bezeichnet dabei den Zustand, in dem die Knochen, Gelenke, Knorpel, Bänder und Muskeln vor Überlastung, Verformung und Verletzungen geschützt werden. Auch das Organsystem kann nur dann optimal funktionieren, wenn sich alle Stützstrukturen des Körpers im Gleichgewicht befinden.
Was sind die häufigsten Ursachen für eine schlechte Körperhaltung?
Langes Sitzen im Büro Alltag
Das BAG (Bundesamt für Gesundheit) berichtet, dass wir bis zu 15 Stunden täglich sitzen. Die Folgen sind nicht nur eine schlechte Körperhaltung - langes Sitzen ist ein Risikofaktor für diverse Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes, Herzerkrankungen, Krebs und psychische Erkrankungen. Langes Sitzen am Schreibtisch ist ausserdem sehr belastend für den gesamten Rücken inklusive Nacken, da wir dabei oft über längere Zeit in der gleichen Sitzposition in die Monitore starren. Die Schultern hängen nach vorne oder sind angespannt hochgezogen, der Kopf ist gesenkt und der obere Rücken ist unnatürlich stark gewölbt. Dabei kann eine einseitige Belastung entstehen. Als Folge davon verhärtet oder verkürzt sich die Rückenmuskulatur, und eine bleibende Fehlhaltung schleicht sich ein.
Viel Zeit am Handy verbringen
Der sogenannte “Handy-Nacken” hat sich zu einer regelrechten Volkskrankheit entwickelt - vor allem die jüngere Generation ist davon stark betroffen. Der Handy-Nacken entsteht durch eine Überbelastung der Halswirbelsäule, da bei der Nutzung des Smartphones der Kopf ständig geneigt ist. Die Folgen sind Verspannungen und Schmerzen - und sogar eine Veränderung am Kopfknochen. Eine Studie berichtet über ein Wachstum von bis zu drei Zentimeter grossen “Hörnern” am unteren Schädel - die vermutete Ursache dafür ist die Kopfhaltung bei der Handynutzung.
Schwere körperliche Arbeit
Nicht nur langes Sitzen in Bürojobs schadet der Gesundheit ungemein, auch die harte Arbeit in handwerklichen Berufen hinterlässt körperliche Spuren. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva berichtet, dass rund 30% der arbeitenden Bevölkerung täglich schwere Lasten bewegt - viele tragen Erkrankungen am Bewegungsapparat davon. Vor allem häufiges Heben und Tragen von schweren Gegenständen sowie falsches Bücken, verdrehtes Stehen oder Knien über einen längeren Zeitraum schaden dem Bewegungsapparat. Häufige Langzeitfolgen sind degenerative Gelenkerkrankungen und Schmerzen an Rücken, Schultern, Hüften oder Knien.
Starkes Übergewicht
Bei starkem Übergewicht wird überschüssiges Fett häufig am Bauch eingelagert. Dies verschiebt den Körperschwerpunkt nach vorne, was zu einem Hohlkreuz führen kann. Ausserdem geht das überschüssige Fett am Bauch oft mit schwachen und verspannten Bauchmuskeln einher - dies erschwert eine ausgeglichene Körperspannung, wodurch der Lendenwirbelbereich nicht ausreichend gestützt wird. Die Folgen von Übergewicht sind Rückenschmerzen, eine Einschränkung der Beweglichkeit des Rückens, eine Über- oder Falschbelastung der Wirbelsäule und die Begünstigung einer Wirbelsäulenfehlstellung.
Einseitige Belastung
Besteht ein Ungleichgewicht zwischen zwei sich gegenüberstehenden Muskelgruppen, kann eine Fehlhaltung entstehen. Durch ein unausgeglichenes Training der einen Seite und einer Verkümmerung der anderen kann sich die Wirbelsäule verkrümmen. Dies kann durch einseitiges Tragen von schweren Gegenständen oder einseitig ausgeführten Bewegungen verursacht werden. Besonders häufig betroffen von muskulären Dysbalancen sind Musiker (zum Beispiel Geiger) oder manche Sportler (beispielsweise Tennisspieler). Mit intensiven Dehnübungen und gezieltem Krafttraining kann man muskulären Dysbalancen entgegenwirken.
Falsche Körperhaltung - das sind die Folgen
Die Folgen einer schlechten Haltung sind vielfältig und können die Gesundheit stark beeinflussen. Sie reichen von leichten Muskelverspannungen über Schmerzen im Rücken oder Nacken, beeinflusster Organtätigkeit bis hin zu psychischen Problemen.
- Muskelschmerzen
Muskelschmerzen und Verspannungen sind wohl die häufigsten und harmlosesten Folgen einer schlechten Haltung. Bei den betroffenen Muskeln handelt es sich in der Regel um diejenigen, die wegen der Fehlhaltung unter einer höheren Belastung stehen. Die Überbelastung kann ausserdem dazu führen, dass die Muskeln nicht ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden können, was eine verzögerte Regeneration zur Folge haben kann. - Nacken- und Rückenschmerzen
Ähnlich häufig wie generelle Muskelschmerzen sind Schmerzen im Nacken und Rücken. Oft tauchen sie nach längerem Sitzen oder Stehen auf, verschwinden aber bei Bewegung wieder. Je weiter die Fehlhaltung fortschreitet, desto wahrscheinlicher ist es, an chronischen Haltungsschäden zu leiden. Zu diesen Haltungsschäden gehören Skoliose, ein Hohlkreuz, ein Rundrücken sowie ein Flachrücken.Auch die Bandscheiben leiden unter der falschen Haltung - unter Umständen kann sie einen Bandscheibenvorfall begünstigen.
- Organtätigkeit
Wer schon mal auf dem Boden sitzend nach vorne gebeugt gegessen hat, kennt es wahrscheinlich: ein ungutes Bauchgefühl oder gar Bauchschmerzen im Anschluss. Der Grund dafür ist, dass die Verdauungsorgane in dieser Haltung zusammengedrückt werden und dadurch nicht optimal arbeiten können. Ähnlich passiert es, wenn man einen runden Rücken hat. Nicht nur Magen und Darm leiden unter einer Fehlhaltung, auch die Organe im Brustkorb werden leicht zusammengedrückt. Es können Atembeschwerden oder gar Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System auftauchen. - Stimmung und Handeln
Dass eine Fehlhaltung körperliche Folgen hat, ist zu erwarten und völlig nachvollziehbar. Doch wer hätte gedacht, dass eine aufrechte Körperhaltung sich positiv auf unsere Psyche auswirkt? Studien belegen, dass unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis durch die Körperhaltung beeinflusst wird. Durch eine gute Haltung nehmen wir uns selbst und unsere Umwelt positiver wahr, und wir erinnern uns vermehrt an positive Dinge, anstatt negative. Unser Selbstvertrauen wird gestärkt. Auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress wird durch einen geraden Rücken gefördert. Also: Kopf hoch - im wahrsten Sinne des Wortes! - Attraktivität und Wirkung auf Andere
Nicht nur die Selbstwahrnehmung wird von der Körperhaltung beeinflusst, sondern auch die Wirkung auf andere Menschen. Die non-verbale Kommunikation wie Mimik und Gestik spielen eine wichtige Rolle im Auftreten und eine gute Haltung sorgt für mehr Überzeugungskraft und Vertrauenswürdigkeit. Das kommt dir beim nächsten Vorstellungsgespräch oder Date bestimmt zu Gute.
Gute Körperhaltung - Wie geht das?
Die Grundlage für die richtige Körperhaltung ist eine hohe Körperspannung und eine aufrechte Haltung. Diese zeichnet sich durch einen hüftbreiten Stand, einen geraden Rücken, entspannte Schulterblätter und eine neutrale, natürliche Kopfposition aus. Der Bauchnabel sollte zur Wirbelsäule gezogen werden und die Knie leicht gebeugt sein.
Vier Übungen für einen gesunden Rücken und eine gute Haltung
Viele Übungen für die Körperhaltung basieren auf Yoga-Posen, da diese besonders schonend für die Gelenke sind und die Muskulatur sanft dehnen und aufbauen.
Child’s Pose / Stellung des Kindes
Beseitigt Schmerzen in den Schultern und im oberen Rückenbereich.
- Knie dich mit den Schienbeinen auf deine Matte.
- Lege deine Arme mit Handrücken nach unten neben dir am Boden ab, um eine angenehme Dehnung im oberen Rücken und in den Schultern zu erzeugen.
- Strecke danach deine Arme mit Handflächen zum Boden nach vorne aus und schiebe dein Gesäss nach hinten zu deinen Fersen.
- Lege deine Stirn auf die Matte und halte die Position bis zu 30 Sekunden lang. Du kannst die Übung zwei- bis dreimal wiederholen.
Cat-Cow Pose / Katze-Kuh-Stellung
Gut für Wirbelsäule, Nacken und Schultern.
- Stelle dich auf allen Vieren auf deine Matte, die Arme ausgestreckt direkt unter den Schultern, der Rücken gerade, die Knie im rechten Winkel auf der Matte.
- Bilde einen Bogen in deinem Rumpf, indem du den Bauch nach unten drückst, die Kurve bis zum Scheitel verlängerst und den Blick nach oben richtest.
- Halte diese Position kurz und mache dann das genaue Gegenteil, indem du deine Wirbelsäule rundest, den Bauch rein ziehst und dein Kinn zum Brustkorb führst.
- Wiederhole die Übung fünf- bis zehnmal und geniesse die Erleichterung, die diese Bewegungen bringt.
Nackendehnung
Gegen Schmerzen und Verspannungen im Nackenbereich
- Setze dich aufrecht auf deine Matte und lege eine Handfläche auf die gegenüberliegende Seite deines Gesichts.
- Lege deinen Kopf vorsichtig zur Seite, und unterstütze bzw. erhöhe die Dehnung mit leichtem Druck.
- Drehe den Kopf nach wenigen Sekunden wieder zurück zur Mitte und wiederhole die Übung auf der anderen Seite.
- Du kannst die Nackendehnung auf jeder Seite je fünfmal wiederholen.
Brustdehnung bei offener Tür
Dehnt die Brustmuskeln und öffnet die Brustmuskulatur
- Stell dich in einen offenen Türrahmen und lasse deine Handflächen, Unterarme und Ellbogen im rechten Winkel auf dem Rahmen ruhen.
- Tritt einen kleinen Schritt nach vorne durch die Türöffnung, sodass sich deine Brust etwas vor deinen Armen befindet, und spüre die sanfte Dehnung. Achte dabei darauf, keine zu starke Dehnung zu erzeugen, damit die Muskeln nicht überlastet werden.
- Halte diese Stellung für etwa 20 Sekunden und wiederhole sie dann zwei- bis dreimal.
Zusätzliche Tipps zur Prävention einer schlechten Haltung
Neben den oben aufgeführten Übungen gibt es einige Tipps und Tricks für den Alltag, welche dir dabei helfen können, einer schlechten Haltung vorzubeugen.
Ergonomie am Arbeitsplatz
Dass wir zu viel Zeit im Sitzen verbringen, ist nichts Neues. Umso wichtiger ist es daher, dass wir auch auf eine gute Haltung im Sitzen achten und die Büroumgebung ergonomisch einrichten. Folgende Punkte sind wichtig, um deinen Arbeitsalltag möglichst gesund zu gestalten:
- Bürostuhl: Die Höhe deines Stuhls sollte so eingestellt sein, dass deine Beine einen Winkel von ungefähr 90 Grad bilden, während die Füsse flach auf dem Boden stehen. Zwischen Sitzfläche und Kniekehle sollte ein kleiner Abstand sein. Die Rückenlehne sollte den unteren Rücken bei aufrechtem Sitzen stützen.
- Bürotisch: Die Höhe des Tisches soll so eingestellt sein, dass deine Ellbogen locker auf dem Tisch liegen. Die Schultern solltest du dabei nicht anheben müssen.
- Aufstehen: Stehe mehrmals am Tag von deinem Arbeitsplatz auf und lege eine stehende oder bewegte Pause ein. Pluspunkt, wenn dir ein Stehpult zur Verfügung steht - die Abwechslung kommt deinem Rücken gelegen!
Sport und Bewegung
Es ist nichts Neues, dass uns Sport und regelmässige Bewegung gut tut. Für eine straffe Körperhaltung ist vor allem der Muskelaufbau im Rücken und Bauch wichtig, da dir diese Muskeln dabei helfen, eine gute Körperspannung zu halten.
Richtige Schlafposition
Wir schlafen durchschnittlich 24 Jahre im Leben - es lohnt sich also, in gute Matratzen zu investieren und sich die richtige Schlafposition anzutrainieren. Folgende Erkenntnisse haben Mediziner*innen zu verschiedenen Schlafpositionen gewonnen:
- Rückenlage:
Diese Schlafposition gilt als besonders gesund, da dabei das Körpergewicht optimal verteilt und die Wirbelsäule gleichmässig unterstützt wird. Ein nennenswertes Plus: der Kopf liegt gerade - ungewollten Falten wird vorgebeugt. Das einzige Problem an der Rückenlage: die Zunge rutscht leichter nach hinten, was die Atemwege verengen und Schnarchen verstärken kann. - Bauchlage:
Schlechte Nachrichten für alle Bauchschläfer: Diese Position ist für die Wirbelsäule nicht gut, da sie gegen ihre natürliche S-Form arbeitet. Wenn du nicht darauf verzichten kannst, solltest du auf einer möglichst harten Matratze schlafen, um die Wirbelsäule nicht noch mehr “durchzubiegen”. - Seitenlage:
Die Embryostellung entlastet die Wirbelkörper und ist somit gut gegen Rückenschmerzen. Aber: Es kann zu Schmerzen in den Hüften und an den Schultern kommen. Interessant ist dabei, dass Liegen auf der linken Seite besser ist als auf der rechten. Dies liegt daran, dass man beim Liegen auf der rechten Seite mehr Druck auf Lunge und Herz ausübt, und auch Sodbrennen kommt dadurch häufiger vor.
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